«Ohne Controlling lässt sich heute kein professionelles Kommunikationsmanagement mehr betreiben», sagt Mark-Steffen Buchele, Kommunikationsspezialist und langjähriger Controlling-Experte. Wie funktioniert Kommunikations-Controlling? Und was bringt es – gerade angesichts der vielen qualitativen und damit schwer messbaren Ziele in der Kommunikation?

Herr Buchele, was genau ist Kommunikations-Controlling? Welche Ziele sind damit verbunden?

Ohne zu theoretisch zu klingen: Kommunikations-Controlling ist eine Aufgabe oder Funktion in Unternehmen oder Organisationen, die das Kommunikationsmanagement unterstützt, Kommunikationsprozesse zielorientiert im Sinne der Organisation zu steuern. Konkret «hilft» Kommunikations-Controlling dem Kommunikationsmanager, seine Aufgabe beim Gestalten aller internen und externen Kommunikationsprozesse gut zu machen: die Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle der Organisationskommunikation. Das Tandem von Kommunikationsmanagement und Kommunikations-Controlling beantwortet damit die wichtigsten Fragen sehr klar und vor allem auch belastbar gegenüber dem Top-Management. Denn vier Felder muss ich als Kommunikationsmanagerin immer im Blick haben:

  • Kommunikationsstrategie und Unternehmensstrategie: Wie gut unterstützt die Kommunikationsstrategie die Unternehmensstrategie? Sind wir (noch) auf dem richtigen Weg?
  • Ergebnisse: Setzen wir uns die «richtigen» Ziele? Erreichen wir das, was wir wollen?
  • Arbeitsprozesse: Arbeiten wir effizient?
  • Kosten: Was kosten unsere Massnahmen? Welches Budget setzen wir wofür ein?

Die Antworten darauf liefert Kommunikations-Controlling.

Welche Mittel und Instrumente wendet Kommunikations-Controlling konkret an? Wie sieht Communications Controlling in der Praxis aus?

Kommunikationsmanager kennen bereits viele der Methoden, die im Kommunikations-Controlling Ergebnisse von Kommunikationsmassnahmen messen – etwa Medienresonanzanalysen, Web-Analytics, Social-Media-Monitoring oder Befragungen von Kernzielgruppen. Solche Analysen haben die meisten schon einmal durchgeführt, das zeigen einschlägige Studien wie der jährliche European Communication Monitor. Wichtig dabei: Das ist nur eine Seite der Medaille, das sind «nur» Evaluationsmethoden. Sie zeigen Ergebnisse von Kampagnen, Initiativen und Massnahmen sowie Wahrnehmungen wichtiger Stakeholder.

Kommunikations-Controlling fängt insgesamt schon viel früher an. Es betrachtet im Vorfeld gemeinsam mit den Kommunikatoren die Ziele der Kommunikationsprozesse und prognostiziert idealerweise deren erhoffte Auswirkung für die Organisation. Es werden dabei Fragen formuliert wie: Warum machen wir Unternehmenskommunikation? Was wollen wir bei welchen Stakeholdern erreichen? Was müssen wir dafür tun? Welche Ressourcen brauchen wir dafür? Und letztlich: Woran sehen wir, dass wir unsere Ziele erreichen? Wie gut sind wir auf dem Weg dahin?

Als Rahmen dafür hat sich der DPRG-ICV-Bezugsrahmen für Kommunikations-Controlling etabliert. Der Bezugsrahmen mit seinen Wirkungsstufen hilft, die anhand der oben genannten Methoden analysierten Messgrössen bzw. «Wegmarken» in Richtung Ziele untereinander in Beziehung zu setzen. Im Controlling-Wiki des Internationalen Controller-Vereins wird das Wirkungsstufen-Modell ausführlich beschrieben. In der Praxis zeigt sich sehr schön, dass dank Kommunikations-Controlling die bisher meist verstreut vorliegenden Informationen zusammengebracht und zusammengedacht werden. Es werden die richtigen Schlüsse gezogen – Kommunikation wird im Sinne der Organisation zielorientiert gesteuert.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Kommunikations-Controlling gelingt?

Interessanterweise liegt es meist nicht an den Methoden oder Tools, die genutzt werden. Es ist eine Denkhaltung der am Kommunikationsprozess beteiligten Akteure. Ein zielorientiertes, von persönlichen Interessen («mein Kanal, mein Budget») befreites Miteinander , die richtige Atmosphäre sind wichtiger als das vermeintlich beste Tool-Set. Das gibt es nämlich nicht. Das heisst: Der Bewusstseinswandel ist die Grundlage, um Kommunikation im Sinne der Organisation zu analysieren, zu planen, zu steuern und zu kontrollieren.

Das ist ein Change-Prozess, den noch nicht viele Organisationen geschafft haben. Es gibt aber einige. Ich sehe Kommunikations-Controlling übrigens als klaren Wettbewerbsvorteil: Nur diejenigen Unternehmen oder Organisationen, die es schaffen, in unserer dialogisch orientierten Informations- und Kommunikationsgesellschaft ein Beobachtungs- und Reaktionssystem für ihre wesentlichen Kommunikationsprozesse zu etablieren, werden langfristig profitabel überleben und weniger Geld in der Kommunikation «verschwenden».

Kommunikationsarbeit hat auch und vor allem qualitative Ziele und Auswirkungen. Wie geht das Kommunikations-Controlling damit um, dass sich viele kommunikative Resultate nicht quantifizieren und teils auch nur schwer kausal herleiten lassen?

Uns allen ist klar: Kommunikation ist kein direkter Ursache-Wirkungs-Zusammenhang. Wenn Sie zielorientiert ableiten und dem Top-Management die dafür wesentlichen Indikatoren logisch und nachvollziehbar präsentieren, können Sie jedoch auch qualitative Ziele messbar machen.

Wir müssen im Dialog zwischen Kommunikationsmanagement und Kommunikations-Controlling Messpunkte finden, die als mehr oder weniger gute Indikatoren herhalten. Hundertprozentige Genauigkeit und die eine Kennzahl, die alles misst, wird es nicht (oder nur sehr selten) geben. Es sind deshalb immer auch ein gesunder Pragmatismus und Kreativität gefragt.

Beispiel: Wie messen Sie die Stimmung und Qualität von Gesprächen auf einer Kunden-Veranstaltung? Sie können wie gewohnt vorgehen und die Kunden befragen (bspw. nach der Veranstaltung via Fragebogen) – meist mit mässigem Erfolg, also mit geringem Antwortverhalten und genervten und lapidaren Antworten. Die Aussagekraft ist dann fraglich, wenn Sie auf Basis solcher Daten reporten müssen, wie erfolgreich (= gute Gespräche) die Veranstaltung war.

Sie können aber auch eine Art Beobachtungskatalog entwickeln und erfassen (lassen), wie häufig die Gesprächspartner wechseln, wie Mimik und Gestik sind, zudem Geräuschpegel, Lachen und weitere Merkmale einer positiven Gesprächsatmosphäre festhalten. Wenn das Ziel klar ist und klar ist, woran man die Zielerreichung erkennt, finden sich auch sinnvolle Indikatoren. Zielableitung ist keine leichte Aufgabe, aber sie ist essenziell.

Kommunikations-Controlling ist eine Disziplin bzw. Anforderung mehr im Kommunikationsalltag – besteht das Risiko, dass sich Organisationen überfordern damit? Ist Kommunikations-Controlling in jedem Fall sinnvoll?

Kommunikations-Controlling ist in jedem Fall sinnvoll. Ohne Controlling können Sie heute kein professionelles Kommunikationsmanagement mehr betreiben. Aber Sie können Umfang und Ausbaustufe des Controllings sowie Indikatoren und Messmethoden individuell anpassen und vor allem: in der Organisation auf die Suche gehen. Denn vieles wird bereits erfasst und ausgewertet. Das muss dann «nur» noch zusammengefasst und zusammengedacht werden. Aber bitte zielorientiert.

Über Mark-Steffen Buchele
Dr. Mark-Steffen Buchele ist Geschäftsführer der buchele cc GmbH. Das Beratungsunternehmen für Kommunikations-Controlling und Kommunikationsmanagement entwickelt seit mehr als zehn Jahren umfassende Evaluations- und Messkonzepte sowie KPI-Systeme für die interne und externe Kommunikation namhafter Unternehmen. Der Kommunikations- und Medienwissenschaftler hat den Branchenstandard für Kommunikations-Controlling mitentwickelt und ist Mitinitiator und Chefredakteur von communicationcontrolling.de. Buchele engagiert sich in den Facharbeitskreisen «Kommunikations-Controlling» des Internationalen Controller-Verein (ICV) und «Kommunikationssteuerung und Wertschöpfung» der Deutschen Public-Relations-Gesellschaft (DPRG) sowie in der International Task Force for Standardization of Communication Measurement Models der International Public Relations Association. Er hat Lehraufträge an den Universitäten Leipzig, Krems und Zürich.

Bild: ZVG
Grafik: communicationcontrolling.de