Kennen Sie das? Sie schreiben eine E-Mail, einen Bericht, einen Artikel und greifen zu Ausdrücken, die «englisch» irgendwie besser rüberkommen. Knackiger, fluffiger, treffender. Die «deutschen» Entsprechungen sind Ihnen vielleicht sowieso nicht geläufig. Für Sprachpuristen ein Gräuel, für die meisten eine Realität und aus linguistischer Sicht total okay. Man stelle sich vor, wir hätten den Pullover nicht oder es gäbe keine Computer mehr. Der Cowboy, das Evergreen und der Cocktail würden erst gar nicht existieren. Aber sprachkulturelle Debatte beiseite – darum soll es vorerst nicht gehen. Vielmehr ist Grammatik angesagt. Denn: Wer «englische» Wörter in deutsche Texte importiert, sollte darauf achten, sie grammatisch korrekt wiederzugeben. Period.

Lehnwort oder Fremdwort?
Wie schreibe ich meine Anglizismen nun aber so, dass den Sprachhütern nicht auch noch aus formalen Gründen die Haare zu Berge stehen? Handelt es sich um Simplex-Formen, also um einfache Substantive, so müssen wir einzig feststellen, ob sich das Wort im deutschen Sprachraum niedergelassen hat (Lehnwort) oder ob es sich um einen Touristen (Fremdwort) handelt.

Ansässige Wörter entsprechen der deutschen Grammatik, werden also grossgeschrieben und gehorchen grundsätzlich den deutschen Flexionsregeln. Bei den anderen Wortarten verhält es sich übrigens gleich: Eingedeutschte Verben oder Adjektive werden ebenfalls deutsch gebeugt. Ich stecke deshalb meine Pullover in den Tumbler und spraye meine coolen Sneaker mit was auch immer ein.

Im Unterschied zu Lehnwörtern sind Fremdwörter deutsch (noch) nicht etablierte Wörter. Sie schauen nur sporadisch vorbei oder sind neu und wissen noch nicht, ob sie bleiben. Unter diesen Voraussetzungen ist es verständlich, dass sich diese Wörter nicht assimilieren wollen. Daher sollte man zumindest in einem Text darauf aufmerksam machen, sprich diese Wörter auszeichnen. Entsprechend bleibt die Glaubwürdigkeit die credibility und ist der schmissige Sänger funky oder der versierte Programmierer savvy.

Wie steht’s mit den Zusammensetzungen?
Natürlich werden auch viele anglizistische Zusammensetzungen heimisch bei uns. Bei substantivischen Verbindungen verfährt man wie mit deutschen Komposita: Entweder man setzt einen Bindestrich zwischen die – grossgeschriebenen – Wortbausteine oder schreibt Bestimmungs- und Grundwort zusammen: Page-Impression, Newsletter-Tool, Floorliner, Joystick. Dabei gilt die Daumenregel: Je weniger gängig eine Lehnzusammensetzung, umso eher verwendet man einen Bindestrich. Und je gebräuchlicher eine solche, desto eher schreibt man zusammen.

Anders bei Komposita, die aus Adjektiv und Substantiv bestehen. Hier werden die beiden Wortteile separiert und wird das adjektivische Bestimmungswort grossgeschrieben: White Paper, Green Deal. Etablierte Zusammensetzungen kann und sollte man aber wiederum zusammenschreiben: Blackbox, Longdrink.

Knifflig wird es, wenn Zusammensetzungen aus Verben und Adverben bzw. aus Präpositionen und Substantiven gemacht sind. Ist die Partikel nachgelagert, schreibt man den ersten Wortteil gross, den zweiten klein und setzt dazwischen einen Bindestrich: Warm-up, Cool-down. Zusammenschreiben geht auch: Countdown, Setup. Ist die Partikel vorgelagert, so werden beide bzw. alle Wortteile grossgeschreiben und gekoppelt: On-Demand-Video. Bei bekannten Lehnkomposita ist auch Zusammenschreibung möglich: Downhill-Rennen. Die letzten Beispiele zeigen es: Die aufgestellten Regeln gelten auch dann, wenn die Lehnzusammensetzung um ein deutsches Grundwort erweitert wird. Es bleibt also bei der Warm-up-Phase und den Cool-down-Übungen. Auch der Push-up-BH hält sich an die Abmachungen. Der Countdown-Alarm und die Setup-Einstellungen sind sowieso unproblematisch.

Und was ist mit den Fremdwörtern?
Fremde Komposita schliesslich verhalten sich so, wie sie es sich von der Herkunftssprache gewohnt sind. In unserem Fall heisst das, dass solche Zusammensetzungen die englische Schreibweise beibehalten: credibility gap, side effect, steady state, sit-up.

Es gibt auch Fälle, in denen man eine nicht heimische Zusammensetzung mit einem deutschen Grundwort kombinieren möchte. Selbst dann verändern die Fremdwörter ihre Fasson nicht, sie werden einzig über einen Bindestrich an die deutsche Erweiterung angeschlossen: credibility gap-Problem, side effect-Phänomen, sit-up-Übung. Uff! Alternativ können hier auch Anführungszeichen gesetzt werden – sie machen solche Konstruktionen etwas kompakter und leserfreundlicher: «credibility gap»-Problem.

Wenn Sie das nächste Mal also über Ihrem Text brüten, so überlegen Sie sich einfach: Resident, Pardon, resident oder Tourist? Im ersten Fall können Sie sich getrost an der deutschen Grammatik orientieren, im zweiten Fall zücken Sie am besten das Wörterbuch – aber das englische.