Crossmediale Kommunikation ist nichts Neues. Was aber will Crossmedia-Kommunikation genau und welche Voraussetzungen müssen Organisationen erfüllen, um erfolgreich crossmedial zu kommunizieren? Ich habe bei Crossmedia-Spezialist Martin Radtke nachgefragt.

Martin Radtke, weshalb kommunizieren Organisationen crossmedial? Wo liegt der Mehrwert?

Kernaufgabe jeder Unternehmenskommunikation ist es, Dialoggruppen zu erreichen. Trotz fortschreitender Digitalisierung konsumieren längst nicht alle Menschen Informationen nur digital. Entsprechend muss ein Unternehmen sowohl digitale als auch klassische Medien bedienen. Bei der crossmedialen Unternehmenskommunikation werden Geschichten dem Medium entsprechend aufbereitet – und sie verweisen aufeinander. Als Mehrwert entsteht ein facettenreiches, aber stimmiges Gesamtbild. Das kann ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

Für die Theoretiker unter uns: Wie grenzen sich crossmediale, transmediale und multimediale Kommunikation voneinander ab?

Bei der multimedialen Kommunikation werden Inhalte in mindestens zwei verschiedenen Mediengattungen dargestellt. Werden Geschichten über mehrere Plattformen hinweg erzählt, nennt die Wissenschaft das transmediale Kommunikation. Einen Schritt weiter geht crossmediale Kommunikation: Geschichten werden über mehrere Plattformen hinweg erzählt, darüber hinaus gibt es Verweise auf die Fortsetzung der Geschichte. Der Unterschied zwischen transmedialer und crossmedialer Kommunikation sind also die Verweise.

Welche Vorbedingungen müssen Organisationen erfüllen, um erfolgreich Crossmedia-Kommunikation zu betreiben?

Ohne integrierte Kommunikation geht es nicht. Weiter braucht es themenorientiertes Denken und vernetztes Arbeiten. Alle Kommunikationsdisziplinen einer Organisation müssen eng und ohne Silodenken zusammenwirken. Ideal ist ein Newsroom. Es braucht zudem eine gelebte Verzahnung von strategischer Kommunikationsplanung und taktischer Umsetzung. Nicht zuletzt sind ein präzises Timing und ein gutes Monitoring wichtig. Sie sehen: Crossmediale Unternehmenskommunikation erfolgreich umzusetzen, ist anspruchsvoll.

Das Social Web hat die crossmediale Kommunikation katalysiert. Wie sah crossmediale Kommunikation vor dem Social Web aus?

Ein Kurzbeitrag in einer Zeitung über eine Fernsehsendung mit einem Hinweis auf die Ausstrahlung oder die Telefonnummer des Kundenservices am Ende des Produktebeschriebs auf einem Beipackzettel – all das ist im Grunde crossmediale Kommunikation. Es braucht nicht zwingend soziale Medien für crossmediale Kommunikation.

Und zum Schluss: Gibt es eine crossmediale Kampagne oder eine Crossmedia-Kommunikation, die Sie besonders beeindruckt? Weshalb?

Besonders gut gefällt mir im Moment die «Das längere, selbstbestimmte Leben»-Initiative der Swiss Life. Das Thema Leben wird in vielen tollen Geschichten variantenreich und in unterschiedlichen Formen spielerisch dargestellt. Die Kompetenz, die das Unternehmen in diesem Bereich hat, wird für mich spürbar.

Über Martin Radtke
Martin Radtke ist seit 2014 selbstständiger Kommunikationsberater. Davor war er in verschiedenen Funktionen für die Unternehmenskommunikation von SBB Cargo tätig, zuletzt als Leiter Crossmedia. Er leitete zudem die Kommunikation der Baudirektion des Kanton Zürichs und arbeitete in verschiedenen Kommunikationsagenturen. Martin Radtke ist eidgenössisch diplomierter PR-Berater und hat einen MAS in Corporate Writing and Publishing der Hochschule für Wirtschaft Zürich abgeschlossen. Derzeit absolviert er den Executive Master of Science in Communications Management der Università della Svizzera italiana.

Bild: Therese Werder